Mittwoch, 14. Mai 2014

Familie unter dem Regenbogen

Familien mit gleichgeschlechtlichen Eltern sind keine Neuheit. Ihre gestiegene Sichtbarkeit aber schon. Von alltäglicher Normalität und rechtlicher Gleichberechtigung ist man aber noch ein Stück weit entfernt.

Barbara Schlachter - Obfrau FAmOs Österreich BILD: Barbara Schlachter
„Eine Regenbogenfamilie ist für uns eine Familie in der sich mindestens ein Elternteil als lesbisch, schwul, bisexuell oder transgender definiert“, sagt Barbara Schlachter vom Verein Familien Andersrum Österreich (FAmOs). Oft sind das Konstellationen, in denen Kinder zwei Mamas oder zwei Papas, häufig auch zwei Mamas und einen Papa haben. Wie viele Regenbogenfamilien es mittlerweile gibt, lässt sich nicht genau sagen. Sie hält aber über den Verein Kontakt zu etwa 200 Familien in Österreich. Folgt man einer deutschen Studie wird jede dritte lesbische Frau Mutter, jeder fünfte schwule Mann Vater.
Anders als diese Zahl nahelegt, ist die Gründung einer Regenbogenfamilie nach wie vor mit einigen Hürden verbünden. Viele Familien entstehen so auch patchworkartig. Oft gibt es bereits Kinder, die aus Hetero-Beziehungen stammen. „Es gibt aber auch immer mehr Beziehungen, in die die Kinder hineingeboren werden“, sagt Barbara. Das mit dem Hineingeborenwerden ist aber nach wie vor nicht so einfach.

Familie mit Hindernissen
Das Verbot der künstlichen Befruchtung für gleichgeschlechtliche Paare wurde zwar dieses Jahr gekippt, einen gesetzlichen Rahmen für diese hat die Bundesregierung aber noch nicht geschaffen. Viele Frauen reisen nach wie vor ins Ausland, um sich dort in reproduktionsmedizinischen Kliniken befruchten zu lassen. Andere Paare greifen aber auch zu unkonventionellen Methoden wie etwa Heiminsemination. Dazu braucht es nicht viel mehr als einen Samenspender oder eben Samen von der Samenbank. „Viele Frauen suchen sich auch einen schwulen Bekannten oder Freund, mit dem sie gemeinsam eine Familie gründen. Konstellationen von zwei Frauen und einem Mann oder manchmal auch zwei Frauen und zwei Männern, die gemeinsam Kinder haben, sind nicht so selten“, erklärt Barbara weiter. Da das österreichische Gesetz aber nicht mehr als zwei Elternteile anerkennt, sollte man sich in solchen Konstellationen genau überlegen, wer welche Verantwortung wahrnehmen will. Daran ändert auch die Option der Stiefkind-Adoption, die gleichgeschlechtlichen Paaren überhaupt erst seit letztem Herbst möglich ist und eine gleichwertige Obsorge beider Elternteile ermöglicht, nichts.

Schwierige Familiengründung bei Schwulen
Anders als bei Hetero-Männern ist bei schwulen Männern nicht erst das Vatersein, sondern bereits das Vaterwerden herausfordernd. Schwule Paare, die Eltern werden möchten, haben weniger  Möglichkeiten als lesbische: Leihmutterschaft ist in Österreich prinzipiell verboten, ein Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare gibt es nach wie vor nicht. Aufgrund der geringen Anzahl von zur Adoption freigegebenen Kindern, könnte damit ohnehin nur dem Kinderwunsch weniger Paare nachgekommen werden. Viele Homosexuelle Männer oder Paare, die gerne ein Kind großziehen würden, gehen daher den Weg der Pflegeelternschaft. Diese ist neuerdings auch bundesweit allen gleichgeschlechtlichen Paaren möglich.

Leben unter dem Regenbogen
Hat man es erst einmal geschafft, eine Familie zu werden, wartet dann mit dem „Familie sein“ noch der größere Brocken. Vor allem Menschen, die nicht in Regenbogenfamilien leben oder groß geworden sind, scheinen da mehr Befürchtungen zu haben, als jene, die es tatsächlich betrifft: Die Gesellschaft sei noch nicht weit genug und die Kinder würden in der Schule gemobbt werden. „Wir haben bisher von den Mitgliedern unseres Vereins oder von den Familien, mit denen wir in Kontakt sind ganz selten irgendwelche Klagen gehört“, hält Barbara Schlachter fest und fügt hinzu: „Kinder werden nicht mehr gemobbt, weil sie zwei Mütter oder zwei Väter haben, als andere Kinder wegen anderen Dingen gemobbt werden.“

Schule und Kindergarten
Wenn Kinder aus Regenbogenfamilien sich in der Schule ungerecht behandelt fühlen, liegt das daran, dass ihre Familienform nicht thematisiert oder als „nicht normal“ dargestellt wird. „Da sollte man vielleicht drauf achten, dass Familienvielfalt in Schulbüchern Einzug hält. Es gibt noch viel zu wenig zum Thema“, sagt sie. Da die Situation aber auch für viele PädagogInnen neu ist, bietet FAmOs hier Hilfe  an. „Wir freuen uns sehr, dass wir im Rahmen der Fortbildungsprogramme für Kindergarten-PädagogInnen der Stadt Wien und der Kinderfreunde Wien im Herbst Seminare zum Thema anbieten dürfen“. In diesen wird gelehrt, wie man mit Kindern aus Regenbogenfamilien umgeht. „Nämlich ganz normal. Damit unsere Kinder normal aufwachsen können braucht es einfach nur Normalität. Das heißt, offen und altersgerecht mit dem Thema umzugehen.“ Denn, so Barbara Schlachter weiter: „Wenn man nur hinter vorgehaltener Hand über Homosexualität spricht, ist das auch für unsere Kinder nicht gut.“

Erschienen als Mediaplanet Beilage „Queer Life“ im Standard und hier.